Es ist kein Geheimnis wenn ich Dir sage dass die Hessen im allgemeinen die Schweizer als liebenswürdig und die Österreicher als Minderwertigkeitskomplexbehaftet bezeichnen. Das verwundert auch nicht weiter wenn man diese Sichtweise von aussen betrachtet: Da schielt ein Hesse aus der Froschperspektive mit einem schönen Großbankenpanorama in die fast Nachbarstadt Zürich (Auto 3,5 h) und in die östliche Häuseransammlung hinter den sieben Bergen (Auto: 7h). Natürlich nehmen wir die Österreicher nicht ernst! Und der Rest der Welt macht das auch nicht! Da muss man doch merkwürdig werden. Und wenn man nichts kann und das auf hohem Niveau muss man sich eben auf Nischenfähigkeiten konzentrieren und da ist in Zentraleuropa die Morbidität sicher noch nicht besetzt gewesen.
Eine Frage drängt sich nun auf: "Was mach ich mit meinem Leben bis der Tod kommt?" Das muss hier nicht unbedingt der eigene sein. Schöne Prunkbauten aufstellen und dann so tun als ob man bei den Nazis nie mitgemacht hat? So in etwa. Das mit der schönen Stadt muss man den Wienern ja lassen: Schön ist es wirklich und es hat auch seine niedlichen Ecken. Ich hatte hier regelmässig das Gefühl inmitten der Onkologie eine Geburtstation gefunden zu haben. Als Schweizer, Bayer oder Deutscher muss man diese Stadt also nicht zu einhundert Prozent verstehen. Das kannst Du auch nicht. Es reicht von schöner Insel zu schöner Insel zu hoppen: z.B. von der Donauinsel zum kleinen Café. Je länger man in der Stadt lebt, wohnt, arbeitet und sich aufhält desto einfacher wird es diese Oasen zu entdecken. Der Weg zwischen den Inseln ist dabei aber so finster wie das Gemüt mancher Wiener. Dazu muss man wissen dass eine Minenkarte der Stadt an jeder Touristeninfo erhältlich ist: Der Stadtplan eben. Wien ist mit Tretminen flächendeckend verseucht. Das sind die Wiener allerdings auch selber Schuld. Ich hab noch nie eine Stadt gesehen in der so exzessiv Köter gehalten werden wie hier und die Auswirkungen sind weder übersehbar noch überriechbar. Womit sich das nächste Problem einstellt. Öffentlicher Personennahverkehr ist an und für sich nicht die schönste Art, um von A nach B zu kommen. Doch österreichischer ÖPNV setzt dem ganzen die Krone auf. Die U-Bahn Wagen sind so abgeranzte Drecksdinger und die Bahnhöfe in einem derart desolaten Zustand, dass man tatsächlich erhebliche Umwege in Kauf nimmt. Das macht aber nichts, denn in der Tram ist unter Umständen dir Luft besser und es riecht nicht ganz so schlimm nach nasser Hund. Liebe Wiener! Hunde gehören nicht in die Stadt!
Wenn Du also wie ich nicht unbedingt auf Berge angewiesen bist, dann kann für Dich ein Leben in Wien möglich sein. Auch ist es mir jetzt nicht mehr so ein Rätsel warum nicht alle Wiener so merkwürdig sind: Es scheint eine anständige Anzahl von Einheimischen zu geben, die sich ihrem genetisch prädestinierten Schicksal entziehen und genauso Inselhopping betreiben.
Unter dem Strich hat Wien etwas von Bern: Auf dem Papier ist es eine Hauptstadt und es versucht gleichzeitig eine Weltstadt zu sein. Leider können das andere deutlich besser. Im Fall von Bern ist das natürlich Zürich und hier? Naja ... Prag, München oder Milano ... such es Dir aus. Das macht aber auch nichts - Du kannst ja freundlich lächeln und den Wienern das Gefühl geben sie seien international. Die Qualitäten der Stadt liegen woanders und das ist den Wienern irgendwie selbst nicht so klar. Vielleicht wären die nicht so merkwürdig wenn die das mal merken.
Was freu ich mich wieder auf das Leben!
Fuzzel ... auf dem Weg nach Frankfurt am Main.
Weekend in Vienna |
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